Über mich
Eine meiner ersten Reportagen schrieb ich über die tunesische Revolution. Die Menschen kämpften auf den Straßen für ihre Freiheit, die Polizei schoss mit Tränengasgranaten. Ich berichtete und wusste nicht, dass thematisch damit vieles der nächsten Jahre schon vorweggenommen war.
Ich zog nach Kairo, berichtete über die Straßenschlachten auf dem Tahrir-Platz, genau wie über die demokratischen Versuche in Libyen.
Die taz wollte mich gerne in Beirut haben, im Nachbarland Syrien eskalierte der Bürgerkrieg, ich berichtete über beides, auch über den Krieg in Afghanistan, aber vor allem immer mehr über die Menschen, die sich auf den Weg Richtung Europa machten.
An Bord eines Seenotrettungsschiffs im Mittelmeer stellte ich mir zum ersten Mal die Frage: Kann ich mit dem Notizbuch in der Hand danebenstehen, wenn Menschen leiden? Darf ich mich gemein machen mit einer guten Sache? Ich entschied als vollwertiges Crew-Member auf dem Schiff mitzuarbeiten und trotzdem zu berichten.
Durch Zufall war ich Ende 2015 am ersten Jahrestag der Pegida in Dresden auf dem Theaterplatz. Männer, die mich als Journalisten erkannten, spuckten mich an. Später brach eine Gruppe Neonazis aus einer Seitenstraße hervor und schlugen einem Gegendemonstranten so hart ins Gesicht, dass er auf den Asphalt ging. Einen Tunesier sah ich blutend am Boden liegen.
Später schrieb ich: „Bei Pegida geht es längst nicht mehr nur um Muslime. Es geht auch um mich und die meisten Menschen, die ich kenne.“ Es war wieder ein Thema, bei dem ich das Gefühl hatte, es betrifft mich, und ich zog nach Leipzig, schrieb über den Aufstieg der Neuen Rechten in mehreren Reportage-Serien für SPIEGEL und ZEIT Online, wofür das Medium Magazin mich zu einem der Top 30 Journalisten unter 30 auszeichnete. Wieder war es Protest, der meine Aufmerksamkeit auf sich zog, und natürlich ging ich auch auf Demos gegen die AfD.
Von Kolleg:innen kam die Kritik: Das geht nicht, Journalist:innen müssen neutral bleiben. Ich wusste mittlerweile, dass ich das für Quatsch halte. Journalismus ist dem Grundgesetz verpflichtet, nicht der Neutralität. Die AfD ist verfassungsfeindlich – Warum sollte ich nicht gegen sie demonstrieren?
Mit der Klimakrise eskalierte dieser Konflikt. Ich berichtete für den SPIEGEL aus dem Irak, Marokko und der Arktis über Klimawandelfolgen, brach später mit meiner Co-Autorin Theresa Leisgang für eine Buchrecherche zu einer Reise auf: von Südafrika bis in die Arktis sprachen wir mit Menschen, die von der Krise getroffen werden und Lösungen finden, und ich begriff: Hier geht es um alles, um Gerechtigkeit, um unsere Demokratie, unsere Lebensgrundlagen. Innerhalb eines Jahrzehnts müssen die globalen Emissionen um die Hälfte sinken, sonst droht der Kollaps unserer Zivilisation und das Aussterben der meisten Arten. Doch die meisten Redaktionen machten weiter, als wäre nichts passiert. Hier mal ein Artikel, da ein Kommentar oder Schwerpunkt.
Das obere ein Prozent, die Reichen und Verantwortlichen, richten mit ihren Entscheidungen den Planeten zu Grunde, aber Redaktionen schaffen es nicht, sich aus dem Paradigma ewigen Wirtschaftswachstums zu befreien, dabei wächst schon lange vor allem nur noch der Wohlstand der Reichsten.
Es braucht „weitreichende, nie dagewesene Veränderungen in allen Bereichen der Gesellschaft“, schreibt der Weltklimarat und der deutsche Journalismus macht einfach so weiter, wie zuvor.
Ich schrieb das alles auf, kritisierte in Essays meine Branche, gründete mit einigen Kolleg:innen das Netzwerk Klimajournalismus Deutschland. Und nichts Grundlegendes passiert.
Mit jedem Tag, jedem inhaltlichen Konflikt, den ich mit Redaktionen hatte, hatte ich mehr den Eindruck, dass die einzige Gruppe, die angemessen kommuniziert und handelt, die Klimagerechtigkeitsbewegung ist.
Eine Freundin meinte mal, ich hätte Aktivismus immer schon cooler gefunden als Journalismus. Vielleicht stimmt das, auch wenn ich es immer wichtig fand, wichtige Inhalte in großen Medien unterzubringen, auch wenn ich mich dafür verbiegen musste. Doch in der Klimakrise kam dieses Prinzip an ein Ende.
Schreiben tue ich weiterhin: Newsletter, Kolumnen, Bücher. Zusätzlich spreche ich auf Bühnen.
Bücher
Die Straße der Träume
Zwei am Puls der Erde (mit Theresa Leisgang
WUT (August 2023)
Vertreten durch: Literaturagentur Elisabeth Ruge
Speaker
Über die Klimakrise und ihre Lösungen spreche ich auch auf Bühnen.
Vertreten durch: Speakeragentur PODIUM Redner
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Auszeichnungen
Beste 30 unter 30 – Medium Magazin (2016)
Shortlist Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus (2020)
Deutscher Podcast Preis in der Kategorie beste*r Newcomer*in als Mitglied der Redaktion von 1,5 Grad – der Klima-Podcast mit Luisa Neubauer. (2021)
Ausgewählte Texte
Apokalypse Now (DER SPIEGEL)
Reportage über austrocknende Oasen in Marokko
Wir können uns Milliardäre nicht mehr leisten (ZEIT Online)
Essay über die Verantwortung Superreicher in der Klimakrise
Hier scheitert Europa (DIE ZEIT)
Undercover-Reportage aus dem Geflüchtetenlager Lesbos